XML
sru:version: 1.2; sru:query: fcs.rf="baedeker.1_315"; fcs:x-context: baedeker; fcs:x-dataview: title,full; sru:startRecord: 1; sru:maximumRecords: 10; sru:query: fcs.rf="baedeker.1_315"; sru:baseUrl: ; fcs:returnedRecords: 1; fcs:duration: PT0.011S PT0.115S; fcs:transformedQuery: descendant-or-self::fcs:resourceFragment[ft:query(@resourcefragment-pid,<query><phrase>baedeker.1_315</phrase></query>)];
1 - 1
232 Route 19. MILET. Von Smyrna

Von der Mitte des III. Jahrh. an begannen die Leiden durch Raubzüge
barbarischer Völker (S. 234). Unter byzantinischer Herrschaft war Milet
Bischof- und später Erzbischofsitz. Über dem Theater wurde ein Kastell
erbaut, das z. B. 1212 als хάστρον Παλατίων in Urkunden des Klosters Patmos
erwähnt wird, das bis zum Ende des XI. Jahrh. auch in dieser Gegend
reichen Besitz gehabt hatte (S. 230). Kurz vor Beginn des ersten Kreuz-
zuges
besetzten die Seldschuken die Stätte und gründeten vielleicht auch
eine Niederlassung. Sie gehörte den Herrn von Mentesché im Süden und
wurde wieder neben Altoluogo (Ephesos S. 207) der wichtigste Handelsplatz
an der Küste, da jene Fürsten Handelsverträge mit Venedig schlossen und
den Italienern eine Kirche S. Nicola und einen Konsul zur Wahrung ihrer
Interessen gestatteten. Das scheint dafür zu sprechen, daß damals die Ver-
bindung
mit dem Meere noch nicht gänzlich zerstört war, obwohl die Stadt
schon einen Vorhafen an der Küste hatte. Noch unter den Osmanen (vor
1100) erhielt sich anfänglich diese Bedeutung. Sie haben unter anderem
die prachtvolle, leider verfallende Moschee (S. 234) gebaut (1501). Jetzt
liegt das kleine Dörfchen Palatia 9km vom Strande.

Milet ist die Heimat des an der Spitze der griechischen Philosophen
stehenden Thales (geb. um 640 v. Chr.), dem Anaximander und Anaximenes
folgten. Einem Kadmos aus Milet werden die ersten geschichtlichen Auf-
zeichnungen
in Prosa zugeschrieben und Hekatäos (um 500 v. Chr.) nimmt
unter den Historikern eine hohe Stelle ein; Timotheos aus Milet war in
der ersten Hälfte des IV. Jahrh. als Dichter und Musiker geschätzt; Hippo-
damos
, der Erfinder gradliniger Städteanlagen im Piräus, in Rhodos (S. 262)
und in Thurii (443), war Milesier; auf ihn geht wohl auch das rechtwinklige
Straßennetz Milets zurück. Auch die feinsinnige und durch ihren Umgang
mit Perikles bekannte Aspasia stammte aus Milet (geb. um 470 v. Chr.).

Das römische Theater (Pl. 1), mit 140m Frontlänge und einem
oberen Umfange von fast ¼ Kilometer, war zu allen Zeiten ein sicht-
bares
Zeichen der vergangenen Bedeutung der Stätte und erinnert
nach der Freilegung mit seinen gewaltigen Aufgängen und Korridoren
an das Größte was sich von römischen Bauten in Italien erhalten hat.
Der Zuschauerraum war durch zwei Umgänge in drei Ränge von je
18 Sitzstufen und diese wieder durch Treppen in 5, 10 und 20 Keile
geschieden. In der Mitte des untersten Ranges befindet sich die durch
Säulen gekennzeichnete Kaiserloge. Das Erhaltene stammt aus der
Zeit des Kaisers Trajan, aber es steht an der Stelle eines griechischen
Theaters, von dem Reste in dem ziemlich gut erhaltenen Bühnen-
gebäude
entdeckt worden sind. Auf dem obersten Range des West-
flügels
ist r. vom Eingange eine Inschrift eingehauen, die über einen
Streik der Werkleute des Theaters berichtet, der durch ein Orakel des
Gottes von Didyma geschlichtet wurde.

Auf der Höhe steht, aus antikem Material gebaut, ein verfallenes
byzantinisches Kastell (Pl. 2); der Hügel trug wahrscheinlich einst
die griechische Akropolis. Östl., zwischen ihm und einem niedri-
geren
, längeren Hügel zog sich der Nordhafen in das Land, der bei
Überschwemmung deutlich erkennbar ist. Die Einfahrt flankierten
gewaltige Marmorlöwen (Pl. 4, 4), die Wappentiere der Stadt; breite
marmorgepflasterte Quaistraßen, hinter denen Hallen von 7m Tiefe
lagen, zogen sich auf drei Seiten herum. Im SO.-Winkel der Hafen-
bucht
ist das alte Heiligtum des Apollon Delphinios mit zahlreichen
Altären und Inschriften entdeckt worden. Gegenüber, am Ost-
abhang
des Theaterhügels, ein kreisrundes, mit Darstellungen von